Bagan, Highlight Myanmars
Als ich um halb 6 Uhr morgens in der Tempelstadt Bagan ankomme, bin ich zwar nicht topfit, habe aber in den knappen 8 Stunden Busfahrt nichts anderes gemacht als zu schlafen. Genial! Ich konnte meinen Sitz so weit nach hinten klappen, dass ich tatsächlich super schlafen konnte. Nie hätte ich damit gerechnet und freue mich umso mehr, dass ich die Busfahrt zum Schlafen nutzen konnte.
Post neu gedacht
Am Busbahnhof treffe ich auf Konstantin und Katja, die uns aus Berlin/Regensburg besuchen und mit denen ich die nächsten Tage durch Bagan und Mandalay reisen werde. Ihre nächtliche Busfahrt sah jedoch ganz anders aus und war das komplette Gegenteil der VIP-Busfahrt. Da sie keine Tickets für die guten Busse mehr bekommen hatten, mussten sie in einem kleinen lokalen Bus fahren, der zwar nicht viele Sitze hatte, aber nach und nach immer voller bepackt wurde. Irgendwann wurde sogar das Dach mit Waren beladen. Spannend war wohl hieran wohl nur, dass Pakete über diesem Wege vom Inle See nach Bagan transportiert wurden. Aus Ermangelung eines ausgebauten Post-Systems gibt man Pakete am Busbahnhof der Stadt ab und lässt es dann je nach Verbindung auf einen Bus verladen. Auf seinem Weg hält der Bus in den jeweiligen Dörfern, der Fahrkartenkontrolleur steigt aus und schreit so lange die Leute im Dorf zusammen, bis sich der Empfänger oder ein Überbringer des Päckchens findet. Das ist ein Service, den DHL hier in Yangon noch nicht übernimmt.
Bagan; Uralte Tempelstadt längst von Touristenscharen eingeholt
Noch am Busbahnhof stellen wir fest, dass Bagan längst unglaublich touristisiert ist. Unzählige Taxifahrer lauern uns auf und wollen ihre Dienste verkaufen, da kein Bus in die Stadt fährt, was letztlich auch unglaublich ist. Ein Kutscher gibt nicht nach und wird schließlich für sein Durchhaltevermögen belohnt. Für 2,000 Kyat (1,10€) pro Person lädt er unser Gepäck auf seine Kutsche und wir fahren langsam in Richtung Nyaung-U. Das eine Bagan gibt es nämlich gar nicht wirklich. Es gibt New Bagan, das den heutigen Stadtkern darstellt – auch wenn Stadt hier wirklich nicht die richtige Bezeichnung ist. In Old Bagan stehen einige neuere Tempel und myanmarische Restaurants säumen das Flussufer. Und in Nyaung-U stehen die meisten Hotels, die die vielen Besucher beherbergen. Hier gibt es viele E-Scooter-Verleihe, Restaurants, Cafés und Hotels jeder Preisklasse.
Und dazwischen 4.500 Tempel.
Unvorstellbar eigentlich, eine derartige Masse an Tempeln in einer Stadt zu bündeln. Ich konnte es mir nie vorstellen, wie es sein muss, hier durch die Straßen zu fahren oder zu laufen. Eine schier unvorstellbare Zahl, die sich so gar nicht begreifen lässt. Schon auf dem Weg in die „Unterkunftsstadt“ Nyaung-U fahren wir an kleinen Tempeln vorbei und ich merke schnell, dass tatsächlich der Großteil aus roten Backsteinen besteht. Auch in Nyaung-U stehen im Hinterhof des Restaurants oder direkt an der Straße mittelgroße Tempel. Doch baff bin ich, als wir aus dem kleinen Städtchen rausfahren und sich im Sekundentakt ein neuer Tempel vor mir erhebt.
E-Scooter für 2,70€ pro Tag
Bagan lässt sich ideal mit dem E-Scooter erkunden, die es für 5,000 Kyat (2,70€) pro Tag zu mieten gibt. Lächerlich wenig für die Strecke, die wir damit an einem Tag zurücklegen können. Zwar spinnt immer wieder mal das Tacho, das Licht funktioniert nicht (besonders abends bei unbeleuchteten Straßen ideal) und die Batterie kann auch mal um 11 Uhr morgens schon alle gehen. Doch meist braucht man nur anzurufen und wird gerettet; denn weit ist es ja eh nirgendwo hin.
Highlights über Highlights
In Nyaung-U erkunde ich zuerst die Shwezigon Pagode, die eines der Wahrzeichen Bagans ist. Wie fast alle Pagoden in Myanmar ist sie gold, strahlend gold. Es sind schon unglaubliche Bauwerke, die sich gegenseitig im Prunk zu übertrumpfen versuchen. Yangons ShweDAgon Pagode ist ja auch ein Prachtstück, das sich von überall her sehen lässt. Doch auch hier kann ich viele Touristen verstehen, die sich doch früher oder später sattsehen. Verständlich allein durch die schiere Masse der goldenen Glanzlichter. Verständlich aber auch durch die überwiegende Ähnlichkeit, die einem Laien nicht viel Unterscheidung ermöglicht.
4.500 Tempel und mehr
Nun, und dann gibt es drei Tage am Stück Tempeltour. Klingt gar nicht so abwechslungsreich, doch mir ist in Bagan wirklich nicht langweilig geworden. Meist bin ich früh raus, um die morgendliche Frische zu genießen. Ab 12 Uhr sind die Temperaturen im Oktober schon fast unerträglich und ermüden schnell. So ist der Scooter eine ideale Möglichkeit, um Strecke zurückzulegen und gleichzeitig auf Augenhöhe zu bleiben. Auch sind die meisten Tempel gut erreichbar, wenn man sich nicht im Treibsand verfängt.
Rot dominiert
Einigen wird hier schnell langweilig, da sich die Tempel in ihren Hauptmerkmal doch ähneln. Fast alle sind rostrot und aus Backsteinen gebaut. Früher waren sie wohl alle mal mit Stuck übersät und vermutlich angemalt. Heute sind nur noch bei den Wenigsten die Oberflächen erhalten. Doch auch so konnte ich mich kaum sattsehen und war immer wieder fasziniert, wenn eine weitere Ansammlung von Tempeln vor mir auftauchte, die nicht einmal annähernd im Reiseführer aufgeführt werden. So passiert es immer wieder, dass sich plötzlich ein Tempelkomplex vor uns erhebt, der unglaublich groß und gut erhalten ist. Wir finden den Namen kaum im Reiseführer, doch staunen über die detaillierten und extrem weitläufigen Wandmalereien, die einen bestimmt zehn Meter langen liegenden Buddha zeigen. Auch die Buddha-Statuen, die von vielen myanmarischen Besuchern verehrt werden, reichen bis unter die Decke und machen Eindruck.
Ausblick hilft
So lerne ich einiges über Myanmar dazu und mein Blick, den ich auf mein derzeitiges Heimatland habe, erweitert sich enorm. Es ist wirklich beeindruckend hier! Die Tempel sind der Hammer und übertrumpfen sich gegenseitig. Es sind massig Tempel da, sodass sich auch die Touristenscharen wunderbar verlaufen. Nur beim Sonnenuntergang verdichtet es sich schnell mal an den beliebtesten Sunset Spots à la LonelyPlanet.
Meine Highlights in Bagan
Der Gang zur Shwezigon Paya mag nun nicht wirklich sauber und bezaubernd sein, aber ich fand ihn sowohl architektonisch als auch symbolisch einfach genial. Besucher betreten die monströse Pagode nicht einfach so, sondern werden erst durch einen langen weiten Gang geführt, der schließlich nach einigen Verkaufsständen in der Pagode mündet. Eine spannende Idee! Wie wäre es, wenn man zur Kirche erst einmal zehn Minuten durch einen Säulen-gesäumten Gang gehen müsse? Die Reise lohnt sich. Man kann sich hier wunderbar treiben lassen und Tempel erobern, wie es einem gefällt. Nicht oft habe ich es an einem derartig bekannten Ort erlebt, dass man ewig durch eine völlige Einöde fährt und nur Tempeln begegnet. Nicht oft hatte ich solch ein Gefühl von Einzigartigkeit, die jedem Besucher entgegen gebracht wird. Und selten konnte ich derartig frei auf Entdeckungstour gehen. Lohnt sich!