Vorbei ist der Sommer, ein für alle Mal
50 Tage in Yangon: Nun ist der Sommer doch nach und nach geschwunden und hat sehr angenehme 27 Grad hinterlassen. In der Regenzeit ist das ein wunderbarer Kompromiss zwischen der starken Hitze zu Beginn unseres Aufenthalts und dem deutschen Herbst, der vermutlich eine ähnliche Regenfrequenz besitzt. Auf den Regen ist meist Verlass, früher oder später ziehen sich die Wolken im Minutentempo zusammen und lassen Wassermassen herabschütten. Wie es teilweise stundenlang am Stück regnen kann, ist mir allerdings immer noch ein Rätsel.
Flip oder Flop?
Was mir beim Wochenendausflug nach Hanoi direkt auffällt: Die Menschen tragen dort Schuhe! Es klingt utopisch, aber Schuhe sieht man in Yangon tatsächlich nicht sehr oft. Flipflops, Schlappen, Schläppchen, Hauptsache schlurfen. So oft bin ich schon im gefühlten Schneckentempo an Scharen von Myanmaris vorbeigelaufen und konnte es nicht fassen, wie sie sich so langsam bewegen können. Viel kommt sicherlich von der Hitze, die das Land jedes Jahr für viele Monate entschleunigt. Energiesparmodus ist da wohl die Lösung. Doch anstatt in der kühlen Regenzeit dann volle Kanne loszulegen, bleiben sie bei ihrem Tempo und ziehen betont langsam durch die Straßen. Für den Heimweg von der Arbeit nach Hause habe ich sogar schon mal doppelt so lange gebraucht, wenn ich mit meinen Kollegen gelaufen bin. Doch dabei habe ich auch so einiges an Dorftratsch mitbekommen und immer wieder etwas Neues gelernt.
50 Tage in Yangon
Gelernt habe ich in durch 50 Tage in Yangon tatsächlich schon viel. Jeden Tag verstehe ich ein kleines Bisschen mehr über Myanmar, erhalte Einblicke in das Arbeitsleben bei Search und komme auch persönlich ein gutes Stückchen voran. Das geht nicht ohne Anecken und ohne Missverständnisse, von denen es momentan echt einige gibt. Aber insbesondere mit dem Common Ground Approach (Suche nach Gemeinsamkeiten) im Hinterkopf gebe ich mir doch immer wieder Mühe, zu einer guten Lösung zu finden, die für alle stimmig ist.
Kleine Schritte
Vor einiger Zeit ist das Büro umgezogen, doch auch drei Wochen nach dem Umzug ist die Kaffeemaschine noch nicht ausgepackt. Man weiß sogar, wo sie sich befindet, doch keiner bemüht sich, sie aufzustellen und nutzbar zu machen. Wenn man fragt, warum wir denn keinen Kaffee haben, heißt es, weil wir umgezogen seien. Wenn ich antworte, dass das vor drei Wochen war, kommt ein unverständliches Mh, Mh, Mh. Dies ist vermutlich schon die erste Stufe eines Gesichtsverlusts. Wenn ich dann weiter argumentiere, dass wir ja auch internationale Gäste haben, nicken sie. Und wenn ich dann bildlich werde und sage „Selbst wenn wir alle Tee trinken würden, aber der Präsident aus Amerika vorbeikommt, dann wollen wir ihm trotzdem Kaffee servieren.“ Dann verstehen sie.
In Bildern denken – und besser erinnern
Viel läuft hier über bildliche Sprache. In einem Training zum Common Ground Approach zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts, das Search for Common Ground organisiert, inszenierte die internationale Trainerin mit einer Inbrunst ihre Worte, dass es selbst mir ein wenig zu krass war. Sie malte mit ihren Händen einen großen Baum in die Luft, erklärte, dass der Stamm das Hauptproblem des Konfliktes sei. Dann formte sie eine Krone mit der Spannbreite ihrer Arme und erklärte, dass dies die Folgen und Auswirkungen des Konfliktes seien. Und im Kniebereich lässt sie mit ihren Armen die Wurzeln erscheinen, mit denen sie die Ursachen, Ursprünge und Grüne des Konfliktes illustriert. Doch genau so verstehen es alle Teilnehmer, ob jung oder alt und egal mit welchem Bildungshintergrund. Die Teambuilding-Spiele, die ich für Seminare wie in Naypyitaw auswähle, übernehmen diesen Gedanken und verbinden häufig eine Aktion oder eine Abfolge mit einem Bild oder einer Illustration. Zum Vorstellen sagt man seinen Namen, macht eine Aktion, die den gleichen Anfangsbuchstaben besitzt und der nächste wiederholt dann die Namen und Aktionen aller anderen Teilnehmer. Auch Tage später erinnern sie sich so noch an die Namen und Handlungen der anderen und bauen sie allzu oft in Neckereien oder Selbstvorstellungen ein.
So muss ich doch einfach meine Art zu kommunizieren ändern und mich an die Begebenheiten anpassen. Langsam sprechen. Analysieren, ob mein Gegenüber versteht oder nicht. Einiges vielleicht zwei Mal mit unterschiedlichen Worten wiederholen. Und an jedem weiteren der nächsten 50 Tage in Yangon mit ganz viel Geduld und Güte in den Tag gehen.